Inge Haase, zweite Vorsitzende der Landfrauen (li.), und Wolfgang Behling, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Vereins, begrüßten Pastorin Ricarda Rabe zum Vortrag in Posthausen. © Keppler
Posthausen - „Wenn der Bauer zum Bösewicht wird – wie sieht die Gesellschaft unsere heutige Landwirtschaft?“ – zu diesem Thema veranstalteten der Landfrauenverein Posthausen und der Landwirtschaftliche Verein Hellweger Moor am Mittwoch in der Wümminger „Moorhexe“ einen Vortragsnachmittag mit Pastorin Ricarda Rabe als Referentin.
Unter den Interessierten im vollbesetzten Saal fanden sich auch Gäste aus Kommunalpolitik und Wirtschaft. Ricarda Rabe, die selbst von einem Bauernhof stammt, arbeitet beim Kirchlichen Dienst auf dem Lande der Evangelischen Landeskirche und versteht sich als Mittlerin zwischen Landwirtschaft, Kirche und Gesellschaft.
Nach Kaffee und Kuchen widmete sie sich der Situation der Landwirte in Niedersachsen und zeichnete das Bild einer Bevölkerung, die kaum eine Ahnung von realer Landwirtschaft habe. Als Beispiel nannte sie eine Reihe von Hochglanz-Zeitschriften, die das ländliche Leben vor Romantik nur so triefen ließen. Höfesterben, Gülleverordnungen, Tierhaltung, wie sie heute praktiziert werde, oder Erntestress kämen darin nicht vor.
Ricarda Rabe ging ausführlich auf die Massentierhaltung ein und auf Landwirte, die tatsächlich den ganzen Berufsstand in Misskredit bringen würden: „Es gibt sie, ohne Frage, und sie schaden denen, die verantwortungsvoll mit ihren Tieren umgehen, nachhaltig.“ Die Menschen hätten dadurch Bilder im Kopf, die nicht verallgemeinert werden dürften – aber Tierhaltung sei auch kein Streichelzoo.
Zur Sprache kam auch die derzeit heftig diskutierte Plakataktion der Umweltministerin Barbara Hendricks, bei der alte Bauernweisheiten zu dummen Sprüchen umgemünzt wurden. Diese vom Steuerzahler finanzierte Aktion lasse die Landwirte wie Deppen dastehen, mache keinen Sinn und führe den ganzen Berufsstand vor“, warf Wolfgang Behling, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Vereins, ein und erntete allgemeine Zustimmung.
Solche Aktionen würden die Landwirte an den Rand der Gesellschaft drängen, sich diskriminierend auswirken und seien der ohnehin angespannten finanziellen Lage auf den Höfen nicht dienlich: „Einer macht die Arbeit und 80 Millionen wissen, wie man es besser macht.“
Klima der Angst unter Landwirten
In der Landwirtschaft herrsche ein Klima der Angst, stellte Ricarda Rabe fest. Werde über Medikamente in der Tierhaltung, Krankheiten oder Seuchen diskutiert, werfe das automatisch die Frage nach Schuldigen der Misere auf – und natürlich seien die Landwirte die Buhmänner. Dabei steuere die Verbraucherhaltung und ihr Hang zu Billigprodukten den Markt. Gekauft werde, was billig sei.
Die Landwirte würden sich dieser Realität anpassen und ihnen werde dann der Schwarze Peter zugeschoben. „Es muss eine neue Ethik her, die eine Umkehr in den Köpfen in Gang setzt“, forderte die Referentin – besonders auch vom Verbraucher.
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